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Raum für die Prinzipien des neuen Lernens: Projects, Passion, Peers & Play

Prof. Dr. Andrea Back
Ordentliche Professorin für Betriebswirtschaftslehre
mit besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsinformatik, Universität St.Gallen.
Foto Tosin Photo

 

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Die offene und wandelbare Architektur des HSG Learning Centers ist die Umgebung, in der sich das neue Lernen formt und gedeihen kann. Lernen wird in Zukunft immer dynamischer und entwickelt sich in viele Richtungen. So sagt es Sou Fujimoto im Gespräch, das ebenfalls in diesem Buch zu finden ist. Raumgestaltung und Prinzipien einer neuen Lernkultur sollen sich in der neuen und innovativen baulichen Lernumgebung gegenseitig anregen.

 

Während das Gebäude durch die Zeichnungen schon fast real ist, zeichnet sich dieses neue Lernen erst noch schemenhaft ab. Wie sollen wir es uns vorstellen? Welche Gestaltungsmuster werden das neue Lernen prägen?

 

Innovationen entwickeln, Probleme lösen und Experimentieren in Workshops, Ateliers oder dem Holodeck, das sind Begriffe, mit denen in der Learning-Center- Broschüre die Art und Weise des zukünftigen Lernens und Arbeitens beschrieben wird. Als Herzstück lässt sich darin das Leitmotiv Kreativität erkennen.

 

In seinem aktuellen Buch «Lifelong Kindergarten – Cultivating Creativity through Projects, Passion, Peers, and Play» stellt der MIT-Professor für Learning Research, Michael Resnick, Gestaltungsprinzipien dafür vor. Werden seine 4 P’s for Creative Learning das Open Grid Learning Center mit Leben füllen? Dieser Antwort nähern wir uns, wenn klarer wird, was mit diesen vier «P» gemeint ist.

«Sou Fujimotos Entwurf ‹Open Grid› ist Einladung und Verpflichtung zugleich, die 4 P’s for Creative Learning Gestalt werden zu lassen. Zusammen mit den Denkhaltungen der Projektbeteiligten ist es ein sehr fruchtbarer Nährboden für Innovationskraft und eine neue Lernkultur.»

1. Projects

Hands-on-Aktivitäten oder Learning-by-Doing im Rahmen vorbestimmter Lernangebote machen allein noch kein projektbasiertes Lernen im Sinne von Resnick aus. Offenheit ist auch hier didaktisches Prinzip. Fujimoto sieht seine Architektur als eine Ordnung, die nichts festlegt. Genau so lässt sich auch das projektbasierte Lernen charakterisieren.

 

Der genaue Inhalt der Projekte ist nicht von den Dozierenden festgelegt, sondern die Vorstellungskraft der Studierenden darf schon bei der ganz persönlichen Wahl ihrer Projekte greifen. Im Mittelpunkt steht die Frage: Welches Problem liegt mir am Herzen? Solche Ursprünge von persönlich motivierten Projekten sind mannigfaltig. Es mögen Alltagsprobleme aus dem Studierendenleben sein, wie die Stosszeiten in der Mensa besser auszubalancieren und dazu technische Sensoren und digitale Lösungen einzubeziehen. Authentische Problemstellungen aus der Praxis werden schon seit Jahren in Projektund Integrationsseminaren mit den Studierenden angegangen. In vielen Köpfen reifen auch schon erste Geschäftsideenprojekte; das können ganz einfache Ein-Personen-Geschäftsmodelle sein bis hin zum Teamprojekt, ein Start-up zu gründen und gross zu machen. Und schliesslich ist die HSG auch ein Ort, an dem die grossen Probleme unserer Zeit, die «Grand Challenges» wie die Welternährung, in den Blick genommen werden, denn besonders für die heutige Studierendengeneration ist der Wunsch nach Selbstwirksamkeit, «Purpose» und Beiträgen zur Gesellschaft ein starker Antrieb.

 

Was die Ordnung im Architekturkonzept angeht, welche die Offenheit mit Strukturierung verbindet, findet sich im projektbasierten Lernen ebenfalls eine Entsprechung. Die neuerdings auch in der Praxis favorisierten sogenannten «agilen» Prinzipien und Methoden liefern die Struktur für das methodische Vorgehen, wie Ideen in Projekte umgesetzt werden.

 

Das HSG Learning Center verspricht durch diese Analogien in Architektur und Didaktik eine besonders produktive Lernumgebung zu werden.

2. Passion

Selbstbestimmtheit ist ein wichtiges Stimulans für die Leidenschaft im eigenen Tun. Das HSG Learning Center bietet Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich vieler Facetten. Welche Zone ist gerade passend für das, was ich tun möchte und wie ich gestimmt bin? Wie schaffe ich mit den flexiblen Elementen eine Konstellation von Arbeitsumgebung und Arbeitsmitteln, die eine produktive Atmosphäre ausmacht? Welche Zusammentreffen für Austausch und Unterstützung suche ich bewusst, und wohin begebe ich mich, wenn ich offen für ergiebige Zufallsbegegnungen – für «Serendipity» – bin?

 

Selbstbestimmtheit als Prämisse für «Passion» ist in der Architektur also vielfach verankert. Passion bzw. Emotionen an sich haben wesentlichen Einfluss auf die Effektivität des Lernens. In der Architekturerklärung zum HSG Learning Center lesen wir von den positiven Emotionen Sinnlichkeit und Wohlbefinden. Letzteres, das Konstrukt «Wellbeing», hat auch in der Forschung zu fördernden Faktoren von Kreativität einen hohen Stellenwert. Nachdem Umgebungen für das neue Lernen verstärkt als «Creative Spaces» und «Innovation Spaces» gesehen werden, ist offensichtlich, dass der Wohlfühlanspruch des Gebäudes einen wesentlichen Beitrag zu einer neuen Lernkultur leistet.

3. Peers

Zur Gemeinschaft der Lernenden rechnet Resnick nicht nur die Studierenden selbst, sondern auch die Faculty und Co-Teacher aus der Praxis. Denn sie sehen sich nicht in der Rolle des klassischen Dozierenden, sondern handeln als Mentoren, helfen bei Anlaufschwierigkeiten, geben Feedback, setzen Leitplanken, vernetzen und wirken vielleicht sogar selbst einmal als Co-Creators mit.

 

Die Studierenden untereinander sind in dieser Peer-Rolle füreinander schon gut eingespielt, sei es durch ihre eigenen studienbegleitenden Aktivitäten in der studentischen Gemeinschaft oder durch die Peer- Feedbacks, die zunehmend in grossen, digital unterstützten Lehrveranstaltungen als bewusstes didaktisches Gestaltungsmittel eingesetzt werden. Für viele Dozierende und ihre Lernangebote ist für das Peer- Prinzip in seinen vielen Facetten jedoch Neuland zu beschreiten.

4. «Play»

Die Maxime «playful» kann leicht missverstanden werden. «Play» steht für die Prinzipien des «Machens». Der Maker-Spirit in Lern- und Arbeitsmethoden hat schon heute mit Design Thinking oder Lean Enterprise in der Lehre Einzug gehalten. Auch in der Praxis vollzieht sich der Paradigmenwechsel vom klassischen sequentiellen Projektvorgehen – mit Analyse, Planung und Ausführung – hin zu agilen, iterativen Vorgehensweisen. Kreativität ist hierin eng verbunden mit klein und schnell beginnen mit groben Prototypen, experimentieren und austesten, Feedback sammeln und verbessern, und das in Lernschleifen immer wieder. Mit dem Begriff «Play» verbindet man zudem, dass es dabei kein Scheitern gibt. Das gilt genauso für die Maximen Experimentieren und iteratives Vorgehen in Lernschleifen. Allerdings droht auch hier ein Missverständnis. In der Praxis ist viel von einer «positiven Fehlerkultur» die Rede, d. h. Fehler und Scheitern sind erlaubt. Besser würde man jedoch von einer «Mutkultur» sprechen, denn auf «Neues wagen » und «Risiken eingehen» kommt es an. Zwangsläufig sind damit Fehler und Scheitern verbunden; diese sind eben dann positiv, wenn sie Teil einer «Lernkultur» sind, in der sie systematisch für die nächste Iteration genutzt werden.

 

Mit dem Resnick’schen Didaktikprinzip «Play» halten nun auch Werkstätten, Ateliers und Experimentallabore, die man eher von Hochschulen für Gestaltung und Technischen Hochschulen kennt, Einzug in die Wirtschaftsuniversität. Die Architektur des HSG Learning Centers bietet dafür sowohl den Raum als auch vielfältige Ausgestaltungsmöglichkeiten.

 

Sou Fujimotos Entwurf «Open Grid» ist Einladung und Verpflichtung zugleich, die 4 P’s for Creative Learning Gestalt werden zu lassen. Zusammen mit den Denkhaltungen der Projektbeteiligten ist es ein sehr fruchtbarer Nährboden für Innovationskraft und eine neue Lernkultur. Wenn unsere Studierenden einmal sagen werden: «We are working on projects, based on our passions, in collaboration with peers, and in a ‹playful› spirit», dann haben sich Raum- und Lernkonzepte gefunden.